Nachdem wir 2020 bereits bei der Ausgabe im niederländsichen Beesel viel Spaß und Erfolg (Jana: Gesamterste bei der Frauen, Andi: Gesamtzweiter) hatten, durfte das „Triathlon-Couple“ aus Bonn bei der ersten Ausgabe des Long Course Weekend Belgium nicht fehlen.
Long Course Weekend, nein, das ist kein normaler Triathlon, wie man ihn kennt. Zwar wird auch erst geschwommen, dann Rad gefahren und abschließend gelaufen - das alles aber an drei aufeinander folgenden Tagen. Die Zeiten der einzelnen Disziplinen werden für die Gesamtwertung aufaddiert. Man hat die Wahl zwischen der Langdistanz (Long Course Weekend, LCW) und Mittedistanz (Half Long Course Weekend, HLCW).
Also schnell die Startunterlagen holen, in den Neoprenanzug pellen und auf den Start zur 1,9km Schwimmstrecke - die erste der drei Disziplinen - warten.
Das Wasser im Hafen von Nieuwpoort mit erfrischenden 18 Grad war dann doch salziger als erwartet. Na gut, ist ja auch Nordseewasser. Aber muss die Sonne so tief stehen und blenden? Ach, da kommt schon die nächste Boje, dann ist es ja bald geschafft. Die Leiter hoch, über die Zeitmatte rennen und dann gemütlich zum Zielbogen schlendern für die erste von drei Medaillen und das Finisherfoto. Fertig!
Für den Wechsel bis zur nächsten Disziplin hat man ja nun eine Nacht Zeit.
Jana übernahm mit 16 Sekunden Vorsprung direkt die Führung des HLCW bei den Frauen, während ich die nächsten Tage noch 06:32 Minuten aufholen musste.
Easy. Nein? Aber wieso nicht? Naja zunächst fährt man auf nicht gesperrter Strecke. Schon aus der Stadt raus gab es die ersten Ampeln und Vorfahrt-gewähren-Situationen. Man fährt nach Pfeilen wie bei einer RTF, als Backup hat man idealerweise noch die GPS-Daten auf dem Tacho dabei. Unterwegs dann eine zwar traumhaft flache Strecke, aber ansonsten eine reine Berg- und Talfahrt.
Von Beginn an bin ich vorne Solo gefahren, ich musste ja gut Zeit aufholen auf Julien van Bellaiengh. Schönes Dorf mit Kopfsteinpflaster... Aber geht es da vorne wirklich links? Ja doch, ein Pfeil! Also voll drauf halten. Die Wanderer auf dem Dorfplatz schauen mich irritiert an. Es dämmert mir erst ortsauswärts. Wanderer? Motorrad-Rally? Fu… falsche Pfeile! U-Turn und mit Volldampf wieder zurück. Eine rote Ampel mit 3-Minuten-Stop später dann die Frage an mich selbst: wieviel Vorsprung hab ich jetzt noch?
Dann eine Schotterpiste, über die jeder Radprofi sicherlich nur schmunzeln würde. Aber heute wird sowas gerne neudeutsch als „Gravel-Passage“ bezeichnet - und ist für Zeiträder sicherlich nicht gedacht. Dann, eine Gruppe!!….???? Wo kommen die denn her? Mist, ich wurde überholt. In der Gruppe ab jetzt entspannt mitzufahren, wäre nach ca. 60km aber auch keine Lösung. Ich brauch ein Zeitpolster!Also alleine weiter. Fast. Ein Schnaufen an meinem Hinterrad. Vic Vandendaele hat sich auch von der Gruppe abgesetzt. Den Rest der Strecke bleiben wir zusammen. Ich konnte nicht schneller, er kannte die Strecke und ein paar Worte zu wechseln tat auch gut.
Kurz vor Nieuwpoort noch eine Sprintwertung, wo ich natürlich das Schlagloch mitgenommen hatte und mein Lenker nach unten sackte. Bis ins Ziel also schön „oldschool Aero“ mit den Armen nach unten.
Fazit: 38km/h, 270 Watt NP, nur noch knapp 3:30 Minuten Rückstand auf Julien van Bellaiengh, Sprintsieg für Vic Vandendaele sowie Rad-Platz eins und Sprint-Platz zwei für Jana bei den Frauen! Es läuft.
Ich kannte die Laufstärke der anderen nicht, also einfach alles geben. Wir setzten uns zunächst vom Start weg als Dreiergruppe ab, bis der Belgier Bram Van Wesemael vorbei geschossen kam. Irgendwann löste ich mich und zog nochmal an. Der Führende war jedoch weit vor mir, so dass ich ihn gerade noch sehen konnte.
Doch plötzlich, ca. 3 km vor dem Ziel, war er direkt vor mir. Das Führungsrad hatte ihn fehlgeleitet! Wie ärgerlich. Selbstverständlich habe ich ihm den Sieg nicht genommen, das wäre sehr unsportlich gewesen. Also Platz 2 für mich beim Halbmarathon und der erste des HLCW-Laufs. Mit 1:17:16 hatte ich dann tatsächlich auch genug Vorsprung, so dass ich Gesamtsieger beim HLCW wurde. Unglaublich!
Es folgten die zwei krassesten Siegerehrungen, die ich bisher erlebt habe. Insbesondere die Zeremonie für die Gesamtwertung war sehr bewegend und unvergesslich! Glückwunsch an alle Finisher und insbesondere an Jana, die mit über 25 Minuten Vorsprung bei den Frauen dominierte. So ging es mit dicken Pokalen für uns wieder nach Hause!