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Sportlerprofil by Larasch

Über das Glück „nur“ ein Freizeitläufer zu sein

Fast jeder kleine Junge träumt davon, eines Tages Fußballprofi zu werden. Fragt man junge Nachwuchsathleten nach ihren sportlichen Zielen, so bekommt man wohl in den meisten Fällen eine Teilnahme an olympischen Spielen zur Antwort. Diese sportlichen Ziele erfordern in den meisten Fällen eine 100%tige Konzentration auf den Sport.

Bis vor zwei Jahren habe auch ich mir noch in meinen Träumen vorgestellt, mich vor 40.000 Zuschauern mit den schnellsten Läuferinnen der Welt messen zu dürfen, die Olympischen Ringe auf der Brust – und ich tue es noch immer! Allerdings ein bisschen rationaler und ohne den Gedanken des Profisports.

 

Als ich Ende des letzten Jahres in einem Interview gesagt habe, dass das Laufen für mich weiterhin „nur“ ein Hobby bleiben soll und ich mich in der Zukunft in der Hauptsache auf mein Studium konzentrieren möchte, habe ich von vielen Seiten zu hören bekommen, wieso ich mich nicht, zumindest für ein paar Jahre, dem widmen möchte, was mir eigentlich am meisten Freude bereitet – dem Laufen. Es sei so schade, dass in Deutschland immer weniger Nachwuchsläufer den Mut dazu hätten. Am letzten Samstag stand fröhlich und voll motiviert an der Startlinie der deutschen Crossmeisterschaften - und war unendlich froh, dass der Sport nur mein Hobby und eben nicht mein Beruf ist!

 

Ich möchte mit diesem Bericht niemanden verletzen oder schlecht reden – jeder Mensch hat eine andere Vorstellung von Zielen, die er in seinem Leben verwirklichen will und das ist auch gut so. Jeder setzt in seinem Leben andere Schwerpunkte und hat andere Interessen – darauf baut unser gesellschaftliches System auf. Lehrer, Bäcker, Ingenieure, Ärzte sorgen genauso dafür, dass unser Alltag funktioniert, wie Sportler: Sie sind nicht nur Persönlichkeiten, mit denen wir bei Wettkämpfen mitfiebern und die unsere Nation bei internationalen Wettbewerben vertreten – sie sind auch Vorbilder, motivieren andere dazu, vielleicht selbst Sport zu treiben, können durch ihre große Reichweite politische und soziale Missstände aufzeigen und sie leisten einen großen Beitrag zur Integration und zum internationalen Frieden.

In diesem Bericht werde ich auf meine eigenen Werte und Ziele eingehen.

 

Im Moment bin ich auf dem Weg ins Trainingslager nach Flagstaff. Für die nächsten 4 Wochen werde dort getreu dem Motto „Eat, sleep, run, repeat“ den Tagesablauf eines Profis leben. Die Vorfreude darauf hat mich in der ganzen Zeit des Lernens motiviert – wenn ich in einem Konzentrationstief mal wieder ein paar Treppensprints einbauen musste, sehnsüchtig die Sonnenstrahlen draußen von meinem Schreibtisch aus beobachtet, oder mich mit vom ganzen Sitzen unendlich schweren Beinen durchs Training gequält habe. Und trotzdem bin ich froh darüber, mich nach den 4 Wochen wieder etwas anderem als dem Training widmen zu können, auch wenn es sehr viel schönere Dinge im Leben gibt, als sich für irgendwelche Zulassungstests vorzubereiten, die absolut nichts mit dem späteren Studiengang zu tun haben! Aber ich habe ein Ziel vor Augen und an ein Medizinstudium kommt man in Deutschland halt nun einmal nur über ein überragendes Abitur, viele Wartesemester oder solche Tests.

 

Vor dem Rennen am Samstag ist mir erst richtig bewusst geworden, wie glücklich ich mit meiner Entscheidung bin, andere berufliche Ziele zu haben, als den Profisport. Denn ich konnte innerlich gelassen an der Startlinie stehen. Der Druck von außen war groß, leichathletik.de hatte mich wenige Tage zuvor zur, meiner Meinung nach ungerechtfertigten, Titelkandidatin erklärt und natürlich trainiert man für ein wichtiges Rennen mehrere Wochen und das teilweise ziemlich hart! Trotz allem ist das Laufen für mich ein Hobby geblieben und eben diese Tatsache gibt mir vor dem Start und im Rennen Lockerheit. Denn ich bin nicht auf einen guten Ausgang des Rennens angewiesen. Klar ist es immer schön, wenn man für sein Training belohnt wird, aber es ist auch nicht schlimm, wenn es im Wettkampf mal nicht mit einer Top-Platzierung oder einer Bestzeit klappt. Ich habe keine Sponsoren, für deren Unterstützung ich bestimmte Leistungen bei Wettkämpfen erbringen muss und wenn ich eine Qualifikationsnorm nicht erbringe oder mich verletze, dann ist das ärgerlich, aber davon geht die (meine) Welt nicht unter! Denn Laufen ist zwar ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens, wird aber immer eine Nebensache bleiben – wenn auch eine der schönsten, die die Welt zu bieten hat! ;-)