Wer die Diskussion um den Start der Fußball-Bundesliga verfolgt hat, wird an der einen oder anderen Stelle Titel wie „Es geht ums Geld“ gelesen haben. Dass es dem DFB und der DFL „nur“ ums Geld geht, maße ich mir jedoch nicht an zu behaupten. Ich möchte an dieser Stelle vielmehr mal eine Lanze für die Leichtathletik und den Laufsport brechen.
Denn wer die öffentliche Debatte verfolgt hat, wird vielleicht die Debatte über den baldigen Start der Leichtathletiksaison vermisst haben. Der DLV scheint da deutlich zurückhaltender zu sein als die DFL. Im Moment werden Wettbewerbe in 100% kontaktfreien Disziplinen wie dem Kugelstoßen in Erwägung gezogen. Laufwettbewerbe im Mittel- und Langstreckenbereich seien ohne unmittelbares Testen der Teilnehmer auf den COVID-19 Erreger jedoch undenkbar. Man wartet auf einen Corona-Schnelltest. Insgesamt hofft man auf eine späte Saison. Deutsche Meisterschaften sollen wohl stattfinden, im Spätsommer; dann hoffentlich auch mit Laufwettbewerben. Dabei dürfte die Ansteckungsgefahr bei einem 5000 m Lauf wohl kaum höher sein als bei einem Fußballspiel. Den Aufwand, den die Fußballer betreiben müssen, um schon jetzt zu starten, kann oder will sich die Leichtathletik nicht leisten. Es ist zu befürchten, dass es Laufwettbewerbe in absehbarer Zeit höchstens für Kaderathleten geben wird. Die Tests könnte der DLV mit dem Geld der abgesagten Kadermaßnahmen finanzieren. Aber seien wir mal ehrlich: Wettkämpfe ausschließlich mit Kaderathleten. Das dürfte in der einen oder anderen Disziplin ganz schön mager werden und wohl kaum einem fairen Kampf um die Meistertitel oder die Bestenlistenplatzierungen entsprechen. Das wäre in etwa so, als dürften bei der Wiederaufnahme der Bundesliga nur Nationalspieler mitspielen. Die Leichtathletik hat da ein Definitionsproblem. Während die Fußballer bis in etwa zur 5. Liga von Profis sprechen können, trifft das in der Leichtathletik noch nicht einmal auf alle Kaderathleten zu. Also wird der Kaderstatus hergenommen. In den letzten Wochen hat das dann dazu geführt, dass mancher Deutsche Meister oder Vizemeister (Zumindest offiziell) keinen Zutritt zu einem Stadion hatte. Glücklicherweise wurde dieser Umstand durch die Öffnung der Sportstätten für die Allgemeinheit egalisiert. Dabei wäre es gerade in der Leichtathletik sehr gut möglich über die Bestenlisten zu definieren wer ein Spitzensportler ist und wer nicht. Während beim Fußball, ganz selbstbewusst, bis zur 3. Liga vom Spitzensport gesprochen wird, wird das in der Leichtathletik nicht einmal für die Top 15 einer Disziplin artikuliert. Vermutlich lässt sich der Politik die Qualität eines Sportlers auch nur schwer vermitteln, wenn sich diese nicht mit seinem Marktwert untermauern lässt. Sowieso scheint in dieser Krise alles, womit sich kein Geld verdienen lässt, verzichtbar zu sein. Es ist indiskutabel, dass der Verdienst der meisten Leichtathleten in keinem Verhältnis zum betriebenen Aufwand steht. Und auch ich hoffe, dass die Leichtathletik in der Zukunft mehr Umsatz generieren kann. Doch die Abstinenz von Geld hat auch ihre Vorteile. In dieser Sportart gibt es noch sowas wie Ehre, Sportgeist und Disziplin: den olympischen Gedanken. Wenn wir an der Startlinie stehen, bei Deutschen Meisterschaften, können wir uns sicher sein, dass keiner der Teilnehmer wegen dem Geld da ist. Das trifft auch oft auf die Förderer der Leichtathletik zu. Viele erwarten kaum eine Gegenleistung für ihr Engagement. Bei mir ist das z.B. der Laufladen, der mich selbst in dieser Krise noch mit Laufschuhen und Sportbekleidung unterstützt. Ich finde, dass diese Sportart in vielerlei Hinsicht das Beste in uns und dieser Gesellschaft hervorruft. Darum ist die Fortsetzung der Leichtathletiksaison mal mindestens so bedeutend wie die Fortsetzung der Bundesliga. Es geht um all die Athleten, die so hart gearbeitet haben und es immer noch tun, um sich mit den Besten zu messen. Ich denke da z.B. an meinem Teamkollegen Alexander Hirschhäuser, der so hart an sich gearbeitet hat, nachdem er sich im Herbst den Fuß gebrochen hatte und jetzt in einer Form ist, wie noch nie zuvor. Soll es im Spätsommer faire und relevante Deutsche Meisterschaften geben, dann brauchen wir schon bald bestlistenfähige Wettbewerbe in allen Disziplinen. Es wäre mir jedenfalls eine Ehre, wieder mit euch an der Startlinie zu stehen.