Steinheim, den 20. Oktober 2019 – Die nackten Zahlen – 5384 Finisher über alle Wettbewerbe am Samstag und Sonntag verteilt, strahlender Sonnenschein und ein gelungener Härtetest für Arne Gabius beim 10km-Herbstlauf in 29:40 min – sind nur einige Aspekte dieses sportlich-stimmungsgeladenen Laufevents in und um Steinheim (Murr), etwa 30km nördlich von Stuttgart gelegen.
Bereits die Voranmeldungen deuteten es an, dass mit einem neuen Teilnehmerrekord zu rechnen sein würde, und so kam es dann auch. Nach dem regnerischen „Run und Fun Day“ am Samstag, bei dem Kinder, Jugendliche und Menschen mit Handicap sich sportlich messen und austoben können, waren am Sonntag ab 8:30 Uhr die Erwachsenen an der Reihe. Über die unterschiedlichsten Distanzen – vom 10km-Lauf bis zum Ultramarathon namens „Urmenschlauf“ über gut 54km und etwa 1200 Höhenmeter gab es eine riesige Auswahl. Wer nicht alleine laufen wollte oder konnte, hatte beispielsweise beim Team- oder Staffelmarathon zu dritt beziehungsweise zu acht die Möglichkeit, nur eine Teilstrecke zurückzulegen und doch „mittendrin“ im Marathongeschehen zu sein.
Was letztlich dazu führt, dass nicht nur an, sondern auch auf der Strecke so gut wie nie Langeweile vorherrscht. Auch für die langsameren Athleten sicherlich vorteilhaft, nicht der „Einsamkeit des Langstreckenläufers“ anheim zu fallen.
Die Atmosphäre im Bottwartal und seinen zahlreichen Gemeinden schwappt bisweilen über bis hin zur Euphorie, bei weitem nicht nur am „Steppi-Kreisel“ in Steinheim, wo mit Achim Seiter eine wahre Stimmungskanone ihr gut geöltes Mundwerk und Fachwissen präsentiert. Am Startort der Halbmarathonis in Gronau geht es beispielsweise ebenso feurig zur Sache, wie auf der Begegnungsstrecke kurz hinter dem Ort, wo eine Sambagruppe dermaßen fetzig trommelt, dass es unmöglich ist, Luft zu holen.
Fast erscheint es unfair, einzelne Gemeinden und Ortschaften entlang der Strecke unerwähnt zu lassen, ist doch überall zu spüren, dass das gesamte Bottwartal die Veranstaltung mit Begeisterung trägt.
Die Kombination aus bekannten Sportlern aus der Region (wie beispielsweise dem Großbottwarer Timo Striegel, der dieses Mal den Ultralauf in 4:05:15 h für sich entscheiden konnte oder der Siegerin des Marathons, Silke Raugust aus Steinheim, die in 3:16:30 h alle Kontrahentinnen hinter sich ließ), einem Star der Laufszene wie dem Deutschen Rekordhalter im Marathonlauf, Arne Gabius und unzähligen Breitensportlern ist das Markenzeichen des Bottwartal-Marathons und kommt beim Publikum wie auch dem „Läufervolk“ offenbar besonders gut an. Dazu kommt noch der tadellose Ablauf des gesamten Programms, optimiert im Verlauf der mittlerweile 15 Jahre. Gerhard Petermann zeichnet hierfür verantwortlich, und selbstverständlich war auch er überwältigt von der Resonanz auf die 16. Auflage der Wettbewerbe im Bottwartal. „Mir fehlen die Worte“, konstatierte er zunächst, doch ganz konkret freute er sich natürlich über die gestiegene Zahl an Marathonis, den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung und die gezeigten Leistung sowohl der Sportler als auch seiner vielen Helferinnen und Helfer. Es mussten enorm viele Nachmeldungen bewältigt werden und auch der Transfer der Halbmarathonis von Steinheim nach Gronau ist jedes Jahr aufs Neue eine gewaltige logistische Aufgabe, doch alles klappte bestens.
Bestens geklappt hat auch, aus sportlicher Sicht, der Premierenmarathon des Gerlingers Yassin Osman. Der 26jährige, der in Gerlingen wohnt und bei Trumpf arbeitet, kam vor sechs Jahren aus dem Sudan nach Deutschland und versuchte sich erstmals an den 42,195 Kilometern. Als Sieger des diesjährigen Stuttgart-Laufes war er zwar kein unbeschriebenes Blatt, doch mit seiner Siegerzeit von 2:25:56 h hatte er seine eigene Zielvorgabe von „unter 2:30h“ ganz deutlich unterboten.
Übertroffen oder, genauer gesagt, hatte auch Bettina Englisch ihre erst vor vier Wochen in Karlsruhe aufgestellte Bestmarke im Halbmarathon. Wobei es sich bei den dort erzielten 1:24 h lediglich um eine Saisonbestzeit handelte, denn die Stockheimerin lief auch schon unter 80 Minuten auf der „Halbdistanz“. Im Bottwartal lag sie in 1:21:07 h gerade einmal zwölf Sekunden vor der ebenfalls für „TherapieReha Bottwartal“ angetretenen Nicole Möbus, die ihr praktisch die ganze Zeit im Nacken saß. „Ab Kilometer sieben hatte ich die Führung inne, doch mir war durch die Zurufe und Anfeuerungen der Zuschauer schon klar, dass mein Vorsprung äußerst knapp ist.“ Ganze zwei Jahre war sie läuferisch gesehen „weg vom Fenster“ und wurde bei ihren Comebackversuchen immer wieder zurückgeworfen. „Umso glücklicher bin ich, dass es jetzt wieder läuft und ich endlich schmerzfrei bin.“ Ein Gefühlszustand, der von vielen Teilnehmern, die mehr oder weniger erschöpft das Ziel am „Steppi-Kreisel“ erreichten, sicherlich geteilt wurde. Bei spätsommerlichen, aber noch läuferfreundlichen Temperaturen konnte man im Ziel die Anstrengungen unter anderem mit alkoholfreiem Bier und Hefezopf lindern und sich mit Gleichgesinnten austauschen. Die Stimmung war auch hier locker und gelöst, quasi wie aus dem Lehrbuch für Läufer und Veranstalter.
Die unterschlagenen Ergebnisse der diversen Strecken können auf www.bottwartal-marathon.de oder direkt beim Zeitnehmer www.abavent.de nachgesehen werden.
Termin des Bottwartal-Marathons für 2020: 17. und 18. Oktober