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Mentaltraining: Die Faszination, immer wieder den Weg aus der Krise zu finden

Daniel Meier ist nicht nur Ultratriathlet, sondern auch Mitorganisator des swissultra in der Schweiz. Dabei hat er bereits Distanzen wie den Deca Continuous (Zehnfach-Ironman am Stück: 38 km Schwimmen, 1.800 km Radfahren und 422 km Laufen) oder einen Double Deca+1 (also 21 Ironman-Distanzen an 21 Tagen) absolviert. Er weiß also, was Krisen im Sport bedeuten, denn selbst das beste Training der Welt verhindert nicht, dass man bei solch immensen Herausforderungen in eine Krise gerät. Es geht bei der Vorbereitung auf einen Ultratriathlon also nicht darum, Krisen zu vermeiden, sondern sich auf sie einzustellen.

In seinem neuen Buch „Go hard or go home“ vermittelt Daniel Meier die Faszination des Ultratriathlons. Neben umfangreichen Tipps und praktischen Ratschlägen für die mehrfache Ironman-Distanz kommen zu den Themen Vorbereitung oder Ernährung zahlreiche Athleten und Experten in Gastbeiträgen und Interviews zu Wort. 

 

 

Wir haben den Daniel Meier gefragt, welche Rolle insbesondere das Mentaltraining für solche Ultra-Ausdauer-Rennen spielt.


Wie bist du zum Mentaltraining gekommen?

Nach einigen Jahren Triathlon habe ich eine spannende Entdeckung gemacht: Je mieser die Verhältnisse bei einem Wettkampf waren, desto weiter vorne lag ich im Gesamtklassement. Ich war nie ein besonders schneller Athlet, aber ich konnte mich durchbeißen und ließ mich auch von Kälte, Regen oder Pannen nicht aus dem Tritt bringen. Diese Erkenntnis faszinierte mich, und ich beschloss, diese mentale Stärke weiter auszubauen: Es gibt so viele mentale Methoden und Techniken – aus diesem riesigen Pott das Passende herauszufischen und je nach Situation anzuwenden, das fasziniert mich bis heute.

Welche Vorteile hat dir Mentaltraining für den Wettkampf gebracht?

Ich habe zum Beispiel gelernt, über Tage hinweg mit Müdigkeit umzugehen. Mich weiter auf den Wettkampf zu konzentrieren – egal, welche Schmerzen ich gerade habe. Und ich weiß jetzt, dass kleine Schritte enorm wichtig sind. Im übertragenen Sinn natürlich. Denn wenn du in einer Krise steckst, kannst du nur noch kleine Schritte machen.

Du sprichst von Konzentration: Kannst du ein Beispiel nennen, ein AHA-Erlebnis?

Bei längeren Wettkämpfen liebe ich das Unterwegssein in der Nacht. Wenn es dunkel ist, siehst du den Schmerz nicht. Dieser Satz hat mir schon oft geholfen, mich in der Nacht zu konzentrieren, denn im Dunkeln gibt es wenig Ablenkung durch Zuschauer, Medienleute oder die Rennleitung. Du bist also mit dir allein und kannst dich voll auf deine Aufgabe konzentrieren. Holt dich jemand aus dieser Konzentration, spürst du plötzlich wieder den Schmerz und die Müdigkeit und du musst erneut Energie aufwenden, wieder in die Konzentration zu finden.

Daniel Meier nach 38 km Schwimmen

Welche mentalen Methoden wendest du selbst am liebsten an?

Eine der wichtigsten Methoden sind für mich die Selbstgespräche. Im Ultratriathlon bin ich so oft alleine unterwegs. Bei einem Deca schwimmst du 38 Kilometer am Stück, da bist du stundenlang alleine im Wasser, kannst dich mit niemandem unterhalten, siehst immer dasselbe, musst alle 50 Meter im Becken wenden. Auf der Radstrecke bist du auch oft einsam; auf der Laufstrecke vor allem in der Nacht. Da musst du dich selbst gut unterhalten können. Deine Gedanken steuern können. Das gelingt mir auch nicht immer gleich gut!

Die für mich wichtigsten mentalen Techniken sind Visualisieren, Selbstgespräche, Aufmerksamkeits- und Konzentrationstraining, Autogenes Training oder Zielsetzungstraining. Sie sind im Buch ausführlich beschrieben und mit Beispielen illustriert.

Was hältst du von dieser Behauptung: Je länger die Triathlonstrecke, desto wichtiger das Mentaltraining?

Davon halte ich überhaupt nichts! Wer eine neue Bestzeit über eine Kurzdistanz aufstellen oder Hawaii gewinnen möchte, muss ebenso mental stark sein – er braucht einfach andere mentale Qualitäten. In zehn Wettkampftagen habe ich viel mehr Zeit, Fehler auszubügeln; auf der kurzen Distanz rächt sich ein Fehler sofort. Dafür ist es vielleicht einfacher, über eine kürzere Dauer die Motivation hoch zu halten. In zehn Tagen hast du öfters mal ein Motivationstief. Man kann es absolut nicht vergleichen.

Nach der 10-fachen Ironman-Distanz im Ziel

Setzt du dich heute noch bewusst hin und machst Mentaltraining?

Selten. Heute habe ich so viele mentale Techniken zur Hand, dass ich mich in jeder Situation schnell auf sie einstellen und improvisieren kann. Natürlich überlege ich mir vor einem Wettkampf, welches die Knackpunkte sein könnten, und versuche, mich darauf einzustellen. Durch meine Erfahrung habe ich aber eine gewisse mentale Flexibilität entwickelt. Intuition, Spontanität und Kreativität spielen eine große Rolle. Im Umgang mit Schmerzen habe ich eine Art Checkliste entwickelt, die ich im Kopf durchgehen kann, um die richtige Entscheidung zu treffen. Was mich immer wieder fasziniert, ist, den Weg aus der Krise zu finden.

 

Porträt

Daniel Meier (45) ist medizinischer Masseur und Mentaltrainer mit eigener Praxis und lebt mit seiner Familie in Winterthur (Schweiz). Seit 2009 nimmt er an Ultratriathlon-Wettkämpfen teil. Mittlerweile liegen ihm längere Distanzen besser. "Länger" heißt, ab einem Deca aufwärts – und Deca heißt: 38 Kilometer Schwimmen, 1.800 Kilometer Radfahren und 422 Kilometer Laufen; die zehnfache Ironman-Distanz. Meier ist zudem Initiator und Mitorganisator des swissultra Triathlons in Buchs SG (Schweiz).

Weitere Infos zu Daniel Meier: www.danimeier.com

 

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