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Sportlerprofil by Larasch

Schritt für Schritt mit Geduld

Die Zeit vergeht immer schneller als man denkt, besonders wenn man rennt und nach einer neuen Bestzeit strebt. Nach den Italienischen Meisterschaften über 3000 m Hindernis in Brixen hatte ich mir bis September noch drei Wettkämpfe vorgenommen: 5000 m beim Abendsportfest in Wiesbaden am 21.08., die Hessische Berglaufmeisterschaft in Meißner-Abterode am 01.09. und die Italienischen Meisterschaften über 10 km in Canelli (Piemont-Italien) am 08.09. Dazwischen kam noch der Vorschlag, am 07.08. in Pfungstadt beim Abendsportfest über 3000 m zu starten, aber mein Körper wollte nicht.

3000 m Pfungstadt: Absage

In den Tagen nach den Italienischen Meisterschaften war ich noch euphorisch und übereifrig, doch schon kurz darauf fühlte ich mich müde und erschöpft. Ich konnte zwar noch laufen, aber mein Kopf war schwer und ich kam nicht mir leichtfüßig vorwärts. So blieb meinem lieben Trainer nichts anderes übrig, als mir einen einfachen Spaziergang zu empfehlen. Ich hatte dabei jede Menge Spaß und nutzte diese Zeit, um ein paar deutsche Worte mit Hilfe meiner Karteikarten zu wiederholen und Frankfurt einmal in einem langsameren Tempo als sonst zu beobachten. Tag für Tag ging es mir dann besser, sodass ich elf Tage nach dem Hindernislauf wieder einen 10 km langen Dauerlauf ohne Erschöpfungsgefühl absolvieren konnte. Das Rennen in Pfungstadt hatte ich zwar verpasst, aber es blieben mir noch zwölf Tage bis zum 5000 m-Lauf in Wiesbaden, bei dem ich gerne meine Bestzeit verbessern wollte und darauf abzielte, unter der 17 Minuten Marke zu bleiben.

5000 m Abendsportfest Wiesbaden

Die Wochen vor Wiesbaden waren also nicht die Besten, was meine Kräfte anbelangte, aber meine Freude am Laufen hatte nie abgenommen. Nun war ich wieder erholt und ein Trainingskollege von mir und ich planten zusammen zu laufen und uns gegenseitig anzuspornen. Die Stimmung war an dem Abend großartig und viele Zuschauer standen an der Bahn und feuerten uns an. Wir waren im ersten Lauf und das Niveau war sehr hoch. Mein Laufkollege und ich ließen uns aber davon nicht abschrecken und machten unseren Lauf unter uns aus. Leider mussten wir uns nach fünf Runden schon trennen, sodass ich meinen Lauf alleine weiter fortsetzen musste. Am Rande der ersten Bahn riefen mir in der letzten Runde die Zuschauer zu, dass ich die 17 Minuten noch unterbieten könnte. „Setze mehr die Arme ein, sie machen dich noch schneller“, riefen mir fremde, aber freundliche Stimmen zu. „Locker, langer Schritt, Frequenzen, Armeinsatz, du schaffst es!“, sagte mir mein Kopf und plötzlich waren die 5000 m geschafft. Es war tatsächlich sehr aufregend, nach 16:58;29 Minuten bei den Frauen zu siegen und so viele Glückwunsche und Umarmungen zu bekommen.

Hessische Berglaufmeisterin

Nach der neuen Bestzeit auf der Bahn wollte ich gerne bei der Hessischen Berglaufmeisterschaft in Meißner-Abterode starten, an der ich seit 2017 teilgenommen und zwei Jahre in Folge mit den Mädels vom Spiridon-Verein den Mannschaftstitel gewonnen hatte. Am Freitag davor hatte ich allerdings beim Einlaufen vor einem Bahnprogramm eine böse Überraschung erlebt: Beim Auftreten spürte ich Schmerzen am linken Sprunggelenk, die aber durch das Laufen abnahmen. Nachdem ich eine Weile gezögerte hatte, absolvierte ich dennoch die Einheit. Meine Unsicherheit war am Wettkampftag noch größer, aber ich dachte mir: „Wie kann ich dann genau in diesem Jahr, in dem ich Berglauf mehr als davor trainiert habe, bei der Hessischen Meisterschaft fehlen?“. Obwohl meine Laufschwester Kathi und ich dieses Jahr keine Mannschaft zusammenbringen konnten, entschieden wir, trotzdem zu starten. Nachdem ich mich 2017 als Siebte platziert hatte und 2018 Dritte wurde, hatte ich dieses Jahr auf eine weitere Verbesserung gehofft und auch daran geglaubt. Beim Einlaufen am Wettkampftag hatten sich die Schmerzen nach 10 Minuten wieder vermindert, sodass ich an die Startlinie ging. Es lief gut und solange ich keine Rechts- und Linksdrehungen mit dem Fuß machte, fühlte es sich zwar schwer, aber schmerzfrei an. Mit dem Laufprofil war ich schon sehr vertraut. 9,4 km mit 430 Höhenmetern waren zu bewältigen. Die ersten knapp vier Kilometer verliefen durch Wiesen und waren relativ flach. Danach fing eine steile, zwei Kilometer lange Rampe an, sodass ich schon nach den ersten zwei Kilometern versuchte, mein Bahntraining auszunutzen und einen Vorsprung vor der Titelverteidigerin herauszulaufen, da ich nicht wusste wer am Berg stärker gewesen wäre. Nach dieser Rampe drehte ich mich um und sah, dass der Abstand zu der zweiten Frau schon deutlich war. Ich fühlte mich gut, aber versuchte vorsichtig zu laufen und meinen Fuß nicht zu kraftvoll einzusetzen. Es fehlten noch drei Kilometer bis zum Ziel. Ich war froh, als der nächste Anstieg anfing. Am Berg konnte ich mit kleinen und kurzen Schritten meinen Fuß weniger belasten und ich folgte zwei Männern vor mir. Die letzten knapp zwei Kilometer waren wieder flach und am Ende konnte ich mit großer Freude mit einer Zeit von 44:46 Minuten zum erstmalig als erste Frau bei dieser Meisterschaft die Ziellinie überqueren.

Italienische Meisterschaften über 10 Km

Nun stand mein letztes großes Ziel dieser Saison vor der Tür. Nach dem Berglauf wurden die Schmerzen am Sprunggelenk zwar nicht schlimmer, aber leider gingen sie auch nicht weg. Vom Montag bis zum Freitag war das Laufen undenkbar. Das Motto der Woche wurde: „Nicht verzagen!“. Bei mir standen nun Behandlungen, Gymnastik und Geduldstraining an. Ich begann langsam, meine Hoffnungen für den Start aufzugeben. Tag für Tag wurde es immer besser, aber gut war etwas anderes. Am Donnerstagabend flog ich wie geplant nach Italien und am folgenden Tag konnte mir ein Chiropraktiker helfen. Vor fünf Jahren hatte ich schon eine Hals- und Rücken-Diskopathie gehabt, die meinen Ischiasnerv gereizt hatte. Die Ursache war dieses Mal wieder die Gleiche. Nach der Behandlung waren meine Wirbel wieder eingerenkt und der Zug am Fuß wurde dadurch vermindert. Ich war am Ende etwas erleichtert und ermutigt. Dies war tatsächlich der Beweis, dass es meinem Knöchel und meinen Sehnen gut ging. Am Samstag durfte ich meine Laufschuhe wieder schnüren und 5 km locker laufen. Es lief gut.

Am folgenden Tag ging ich um 9.35 Uhr an die Startlinie. Wir waren insgesamt 164 Frauen. Die Strecke hatte ich mir am vorherigen Tag angeschaut und sie sah aufgrund der vielen Richtungswechsel eher wie die Route einer Schatzsuche, statt der einer nationalen Meisterschaft aus. Wir mussten dreimal eine 3,3 Kilometer lange Runde laufen, die durch die engen durchzogenen Straßen der Stadt Canelli verlief. Das Duo Kopfsteinpflaster und Regen hat selbstverständlich auch nicht gefehlt. Der Lauf war sehr gut besetzt und ich fand schon nach wenigen Metern eine Gruppe, die mir half, den Lauf mit einer neuen Bestzeit von 36:22 Minuten zu beenden. Die erste Italienerin war Giovanna EPIS. Sie lief in 33:17 zum Ziel und siegte über die bekannte Marathonläuferin Valeria STRANEO, die nur sechs Sekunden zurücklag. Es war sicherlich eine Ehre für mich in einem solchen starken Feld laufen zu können und mich als 41. zu platzieren.

Und jetzt?

Zwei Tage nach dem Lauf war ich schon in Dublin angekommen, wo ich nun mein Studium bis Weihnachten fortsetzen werde. Ich habe mich mittlerweile schon gut eingelebt, viele Laufwege entdeckt und laufbegeisterte, offene Menschen kennengelernt. In dieser Anfangsphase kann ich gerade auf Erholung und Pflege achten, um mich gut auf das nächste Ziel physisch und psychisch vorzubereiten. Nun steht für mich am 20. Oktober der Amsterdam Halbmarathon an, den ich als Mizuno-Markenbotschafterin laufen werde. Darauf bin ich sehr gespannt und freue mich besonders auf die Stimmung. Ich habe noch nie an einer so großen Veranstaltung teilgenommen.

 

Liebe/r Leser/in

Ich habe in den letzten Wochen viel erlebt und gelernt, und hoffe, Dir können meine Erfahrungen helfen, falls Du wenig positive Momente in deiner Laufkarriere erwischen solltest. Schwierigkeiten ermöglichen, sich besser kennenzulernen und sie sind, auch wenn ein bisschen frustrierend, sicherlich sehr hilfreich.

Liebe Grüße,

Clara.