„Immer schön locker bleiben“ oder auch „hang loose“ mit der entsprechenden Handbewegung – der Spruch gehört seit seinen Anfängen zum Triathlon dazu und ist vor allem auf den längeren Strecken nach wie vor jedem Triathleten geläufig. Dabei kann die Aufforderung „locker zu bleiben“ auf viele Aspekte im Bereich des Ausdauersports bezogen werden: Auf das Mentale, das bekanntlich mit ansteigender Wettkampflänge immer wichtiger wird, auf die Einstellung im Training oder auf die Ernährung. Auch muskulär ist „locker bleiben“ von Bedeutung, denn überspannte Muskeln führen oft zu Schmerzen, Verletzungen und einer eingeschränkten Beweglichkeit.
Da das Training dafür gerade jetzt in der noch eher frischen Jahreszeit gut zu Hause durchgeführt werden kann, beginnen wir mit dem Thema Beweglichkeit.
Teil I „Immer schön locker bleiben!“: Beweglichkeitstraining im Triathlon
Teil II: „Immer schön locker bleiben!“ Psychologie und mentale Stärke
Teil III: „Immer schön locker bleiben“ bei der Ernährung
Teil IV: „Immer schön locker bleiben!“ in der Trainingsgestaltung
Teil I „Immer schön locker bleiben!“: Beweglichkeitstraining im Triathlon
Es imponiert jedes Mal, den „Könnern“ einer Sportart zuzugucken: Gesa Krause fliegt grazil über die Bahn und überspringt ihre Hindernisse technisch so schön sauber, dass man applaudieren möchte. Jan Frodeno beim Schwimmen, Radfahren und Laufen zu sehen ist immer neuronales Futter fürs Gehirn: Zuschauen und Lernen! Eine super Technik sieht jedoch nicht nur gut aus, sondern macht auch schnell! Wer im Triathlon mal vergeblich versucht hat, an seinen Zeitfahrlenker vorne zu fassen oder die Anweisungen des Trainers, „sich zu strecken“ beim Schwimmen nicht hinbekommt, Probleme beim Absteigen vom Rad hat etc., der ahnt, dass eine geschmeidige Bewegungsausführung etwas mit Beweglichkeit zu tun haben muss. Für effektive und ökonomische Bewegungen brauchen wir Beweglichkeit. Daher vorab schon einmal ein Tipp: Investiert Zeit in ein Beweglichkeitstraining!
Mit einer gut ausgeprägten Beweglichkeit können wir uns ökonomischer bewegen und haben einen geringeren Energiebedarf. Beweglichkeitstraining ist also eine Schraube, an der wir drehen können, um z.B. unsere Laufökonomie zu verbessern. Gerade auf den langen Strecken im Triathlon wollen wir keine unnötige Energie durch unökonomische Bewegungen verschwenden. Eine angespannte Muskulatur verbraucht Energie. Die Position auf dem Aerolenker sollte bequem und „anstrengungsfrei“ über lange Zeit gehalten werden können. Beim Schwimmen ist ein langer Zugweg entscheidend, um sich weit nach vorne schieben zu können und somit schnell vorwärts zu kommen. Sich lang zu machen und zu strecken, um die Hand möglichst weit vorne eintauchen zu können, braucht eine optimale Beweglichkeit im Schultergelenk.
Auch für die Prophylaxe vor Verletzungen und für eine gute Belastungsverträglichkeit ist eine optimal entwickelte Beweglichkeit von Vorteil, da sie zu einer hohen Elastizität, Dehnbarkeit und Entspannungsfähigkeit der beteiligten Muskeln und Sehnen führt.
Unter Beweglichkeit (Flexibilität, Biegsamkeit) versteht man die Fähigkeit und Eigenschaft eines Sportlers, Bewegungen mit großer Schwingungsweite in einem oder mehreren Gelenken ausführen zu können. Komponenten der Beweglichkeit sind dabei die Gelenkigkeit (bei Gelenken) sowie die Dehnungsfähigkeit (bei Muskeln, Sehnen, Bändern und dem Kapselapparat). Die Beweglichkeit in den wichtigsten Gelenksystemen des Schulter- und Hüftgelenks sowie der Wirbelsäule sollten sich auf einem ausreichend entwickeltem Niveau befinden. Wie „biegsam“ jemand ist, hängt dabei von seinen erblichen und anatomischen Voraussetzungen ab. Ähnlich wie bei der Laufökonomie gibt es bei der Beweglichkeit eine individuelle Obergrenze. Sie ist, im Gegensatz zu Kraft und Schnelligkeit, im Kindesalter maximal ausgeprägt und lässt im zunehmenden Alter nach. Die gute Nachricht lautet: Wir können unsere Beweglichkeit durch ein intensives Training verbessern und beibehalten.
Aufgrund der unterschiedlich ausgeprägten vorhandenen Beweglichkeit ist der Bedarf an gezielten Übungen sehr individuell. Je nach Veranlagung gibt es Sportler, die mehr Zeit in ein Krafttraining investieren sollten und welche, für die Beweglichkeitstraining wichtiger ist. Sinnvoll ist ohne Frage eine Kombination aus beidem mit einer Intensivierung auf den jeweils benötigten Schwerpunkt.
Ich empfehle ein täglich eingebautes Ritual an individuell festgelegten Yogaübungen, das nicht länger als 10 Minuten betragen muss. Yoga dehnt und kräftigt die Muskulatur und ist für seine entspannende Wirkung bekannt. Dieser Entspannungseffekt lässt sich unter anderem auf die Dehnübungen zurückführen. Da eine angespannte Psyche oft mit einer angespannten Muskulatur verbunden ist, bewirkt das Stretchen der Muskulatur daher nicht nur eine Senkung des Muskeltonus, sondern auch eine psychische Entspannung. Mental entspannt regenerieren wir nach Belastungen schneller und außerdem geht es uns nebenbei auch noch gut, was will man mehr :o) !
Quelle:
Weineck, J. (2010): Optimales Training. Leistungsphysiologische Trainingslehre unter besonderer Berücksichtigung des Kinder- und Jugendtraining, Spitta Verlag: Balingen