Der Herbst ist eine wundervolle Jahreszeit zum Laufen mit den buntgefärbten Blättern und den noch nicht allzu kalten Temperaturen. Herbst ist auch Marathon Zeit. Was gab es nicht alles zu verfolgen in den letzten Wochen: Die 159 Challenge in Wien, Berlin Marathon mit fast – Weltrekord der Männer, einen neuen Weltrekord der Frauen und mich als neu-Triathletin interessierte natürlich auch der Ironman auf Hawaii. Doppelsieg für Deutschland. Mich begeistert und motiviert das immer total, den Profis zuzugucken. Hawaii Rudelgucken fand ich super, viel besser als Fußball!
Für meinen eigenen Herbstmarathon hat mir die Motivation nicht viel gebracht, denn scheinbar habe ich mir in der letzten Schulwoche einen Infekt eingefangen, den ich dann mit ins Rennen geschleppt habe. Ob dieses „sich Durchquälen“ immer sein muss, frage ich mich jetzt im Nachhinein, denn natürlich verbringe ich grad meine Herbstferien mit dem durchgeschlagenen Infekt auf der Couch, anstatt auf meinem Mountainbike durchs Siebengebirge zu cruisen.
Ja, der Zieleinlauf war schön, den genieße ich eigentlich fast immer, egal wie gut oder schlecht so ein Wettkampf für mich läuft. Dieses Gefühl hätte ich natürlich verpasst, wenn ich ausgestiegen wäre. Ich hätte auch nicht diese hübsche Holzmedaille umgehängt bekommen von der super netten, engagiert applaudierenden Mädels Truppe da im Ziel. Ich wäre nicht von Anne und Andi empfangen worden, die vor mir im Ziel waren und hätte nicht mit Kölsch auf uns angestoßen, stolz, sich durchgequält zu haben. Da geht´s ja bei uns Ausdauersportlern immer so ein bisschen um die Ehre. DNF ist immer blöder, als ne schlechte Zeit. Solange es irgendwie geht, quält man sich durch. Ich hatte mir grob unter 3:30h Stunden vorgenommen, wollte aber eigentlich unter 3:15h laufen, was mit meiner Endzeit von 3:22:06h aber mal gar nicht funktioniert hat.
Beim Marathon finde ich es jedes Mal faszinierend, dass ich ein Tempo, das sich am Anfang so dermaßen easy anfühlt, dann doch hinterher nicht halten kann. Langsamer als 4:30 min pro Kilometer konnte ich echt nicht anlaufen. Ich bin sehr kontrolliert, gleichmäßig daher gerollt und habe mich von keiner potenziell Windschatten spendenden Gruppe verleiten lassen, schneller zu laufen. Bis Kilometer 15 lief noch alles gut, da habe ich dann das erste Gel genommen. Ich weiß nicht, ob es am Gel lag oder am Satz „Ich bleib mal bei euch!“, den ich vielleicht nicht hätte sagen sollen, nachdem ich an Spohie, einer ehemaligen Vereinskollegin, und ihrem Tempomacher vorbeigelaufen war. Ich bekam plötzlich stark schmerzende Seitenstiche, die mich zwangen, sofort Tempo rauszunehmen. Ich versuchte es mit „weg atmen“ im Joggingmodus, Spohie war schon längt wieder enteilt, aber das half auch nicht. Also musste ich schweren Herzens eine Geh Pause einlegen, um die Stiche loszuwerden. Genau das wollte ich eigentlich nicht, ich wollte den Marathon durchLAUFEN – aber bringt ja nix, die Schmerzen waren zu stark. Nach ein paar Meter Gehen waren sie wieder weg. Kamen aber später noch mal wieder, sodass ich den Spaziergang kurz vor der Halbmarathonmarke wiederholen musste.
Ich liebe ja Köln und die Kölner, an diesem sonnigen Sonntag war gefühlt die ganze Stadt auf den Beinen zum Anfeuern. Überall Party, auch in Nippes! Vor dem Halbmarathonbogen standen auch viele Zuschauer und die Geh Pause war mir an dieser Stelle eigentlich echt zu peinlich. Musste aber sein. Eine etwas übermotivierte Zuschauerin sprang neben mir her und rief durchgehend: „weiter, weiter, weiter!!“ Jaaa ist ja gut, ich hab nur gequält gelächelt und ihr erklärt, dass ich hier mal kurz meine Seitenstiche weg atmen muss. Dann hat sie mich in Ruhe gelassen. Ich fands aber einfach nur witzig und hab mir gedacht, krass wie engagiert die Leute hier wildfremde Läufer anfeuern, echt mega nett!
Auf so langen Distanzen erlebe ich oft ne kleine Achterbahnfahrt im Kopf. Zwischendurch war ich der festen Überzeugung, dass ich bei Kilometer 23 aussteigen würde. Ich wusste, das steht Basti, da geh ich raus. Hat keinen Sinn, mit diesen Bauchbeschwerden weiter zu laufen. Aber dann kommt so à la "Engelchen und Teufelchen Zwiespalt" der Power-Engel dazu und sagt: „Das kannst du doch nicht machen! Wenn du jetzt aussteigst, wirst du dich hinterher ärgern! Jetzt quäl deinen Hintern ins Ziel, du willst Ironman Triathletin sein und das hier ist doch nur ein verflixter Marathon!“ Jaja und dann ist man wieder im Spiel und schleppt sich tapfer weiter über die Strecke. Außerdem sieht man mit steigender Kilometerzahl zunehmend Teilnehmer, denen es ähnlich geht. Marathon ist halt kein Zuckerschlecken, das antike Vorbild ist schließlich tot zusammengebrochen - wo wir dann wieder den Sinn des „sich Durchquälens“ diskutieren könnten, aber lassen wir das.
Mein Wunsch, mal einen schönen Marathon zu erleben, bei dem alles rund läuft und bei dem ich die zweite Hälfte schneller laufen kann, als die erste (haha, das wird zur Lebensaufgabe) ist nicht in Erfüllung gegangen. Was dann hinterher doch echt noch Bock gemacht hat, war, dass ich Seitenstechen-befreit wieder an Sophie ran laufen konnte und wir uns zusammen über die Strecke gequält haben, beide froh, uns gegenseitig zu haben. „Wir waren zwei sterbende Entlein“, lacht Sophie mich dann im Ziel an und ich musste ihre Recht geben. Aber wir haben es geschafft!