Wir sind auf die Zielgerade eingebogen: Noch 4 Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Meine kleine Bauchbewohnerin wird immer größer und mobiler, streckt fleißig irgendwelche Körperteile gegen die Gebärmutterwand, die sich dann an der Bauchdecke abzeichnen und lässt mich darüber ganz entzückt sein. Auch wenn ich die letzten drei Monate der Schwangerschaft als die anstrengendsten empfinde, hat diese Zeit etwas Magisches. Eben weil man den kleinen Untermieter so richtig mitbekommt und eine erste Bindung aufbaut.
Die Kugel ist sehr groß geworden und im Alltag oft im Weg. Beispielsweise ärgere ich mich aktuell darüber, dass ich damals meinem Mann verwehrt hatte, einen dieser langen Schuhanzieher zu kaufen („das ist was für die Rente, sowas kommt mir nicht ins Haus!“) – wie sehnlichst ich ihn mir gerade jedes Mal beim Schuhe anziehen herbeiwünsche! Ich bin Fan vom Schuhe schnüren, jedoch schlüpfe ich mit diesem Hindernis – Bauch aktuell auch lieber in die bereits gebundenen Schuhe rein, muss mich aber doch irgendwie runter beugen, um den Schuhanzieher zu ersetzen. Da werden wir gegebenenfalls für die letzten Wochen noch haushaltstechnisch nachrüsten ;o)
Nun aber zum Sport. Was macht mein Leben als Hobby Triathletin? Mein letztes Highlight hat auf der Couch stattgefunden beim Challenge Gran Canaria gucken. Und weil ich grundsätzlich immer mehr Fan der Frauen-Rennen bin (Identifikationsgründe; ein "Hoch" an dieser Stelle auch auf die aktuell super starken deutschen Marathon-Läuferinnen!!) fand ich dabei am genialsten, wie Nicola Spirig mit dem Rennrad den anderen Damen auf ihren Triathlon Rädern davongefahren ist. Für die Radstrecke musste man eben Radfahren können, also nix für Swift-Athleten, die nur das stupide geradeaus fahren üben.
Nein Sorry, nichts gegen Swift. Für die Elternzeit haben wir uns nun doch auch einen Smarttrainer gegönnt – falls man zwischendurch einen Energie-Anfall ausleben möchte, aber wegen des Babys das Haus nicht verlassen kann, machen denk ich viele so und wird mir bestimmt auch gefallen. Wobei ich mich erst zum Winter hin auf diesem Teil sitzen sehe. Wenn ich Indoor Rad fahre, was wirklich nur im Notfall passiert, genügt mir bisher meines alten Spinning Rad. Da kann ich auch beliebig Widerstand reindrehen und Intervalle fahren und ich gucke irgendwie lieber alte Übertragungen vom Ironman Frankfurt oder Hawaii bei YouTube, anstatt mich in diese Computerwelt zu begeben. Aber irgendwas muss es ja haben, dieses swiften und ich freu mich schon drauf, das im Winter auszuprobieren. In meinen Zukunftsplänen (ich weiß, dank Corona ist planen eigentlich nicht mehr so das Ding) werde ich da mein vernachlässigtes Zeitfahrrad draufspannen und für irgendein Wettkampfziel im Jahre 2022 trainieren. Der Ironman Frankfurt wird es wohl nicht sein, da habe ich mir jetzt den Gutschein geordert – für eine Ironman Veranstaltung in Deutschland, gültig bis zum Jahre 2024. Ich werde mir also nach der Geburt schön Zeit lassen und ganz in Ruhe wieder fit werden und dann mal schauen, ob ich 2023 oder 2024 in Frankfurt starte. Erstmal will ich kürzere Rennen machen. Ja träumen darf man von einer Saison 2022. Aber zurück zur Schwangerschaft, meiner „Challenge“ 2021 ;o)
Eine Schwangerschaft an sich ist für den Körper so, als würde er jeden Tag trainieren. Ich meine hallo liebe Frauen, wir bilden da einfach mal einen kleinen Menschen in unserem Inneren. Das ist der Wahnsinn und dass das Energie kostet, das habe ich schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft gemerkt, als man von außen noch gar nichts erkennen konnte. Jetzt zum Ende hin sind es zusätzlich die weiblichen Hormone, die jegliches ehrgeizige Sport treiben in mir wegschwämmen. Ja, ich mache regelmäßig "Prenatal Yoga" (ebenfalls bei Youtube zu finden) – täglich wäre gelogen, aber sagen wir 5x die Woche. Ich sportel nur noch nach Gefühl und Lust. Und ich lasse meinen Körper schlafen und ruhen, wenn er das braucht. Das Baby soll da in Ruhe wachsen können. Ich bin vorsichtig geworden und will gerade auch nicht mehr allein große Radtouren unternehmen. Daher kam das Spinning Rad nun doch schon mal ab und zu zum Einsatz.
Meine zwei liebsten 1-Stunden- Programme: 15 Minuten einfahren, 6x (1 Minute hohe Trittfrequenz + 4 Minuten locker), 15 Minuten ausfahren // 10 Minuten einfahren, 4x (5 Minuten zügig/ 5 Minuten locker), 10 Minuten ausfahren. Dabei dann laute Musik auf die Ohren und Radstrecke Ironman Frankfurt bei YouTube vor die Nase, fertig. Bei den Intervallen achte ich darauf, dass der Puls nicht zu hoch geht, auch wenn das dann manchmal heißt, dass ich gar nicht mehr Widerstand reindrehe, sondern nur die Trittfrequenz erhöhe.
Jajaja aber ich weiß, dass mittlerweile wirklich die meisten Triathleten swiften. Ist ja auf Strava zu beobachten. Da dachte ich anfangs etwas verwirrt ein paar Mal, warum denn alle auf einmal im Urlaub sind, wo doch aufgrund der Pandemie das Reisen nicht möglich ist, bis ich gecheckt hab, dass das alles virtuelle Strava -Welten sind ;o)
Zu der mutterhormonell bedingten Sorge, auf Radausfahren draußen doch irgendwie zu stürzen und das Baby zu gefährden kommt noch hinzu, dass ich aufgrund der Kugel nicht mehr bequem auf meinem MTB sitzen kann. Der Bauch ist einfach im Weg und dieses eingequetschte Gefühl mag ich gar nicht. Daher wechsel ich, wenn ich draußen fahre, auf mein Hollandrad, auf dem ich maximal aufrecht sitze. Schnitt ist eh egal und der Trainingsreiz ist der gleiche, egal zu welcher Art Rad die Pedale gehören, in die ich trete.
Eine zumindest leichte Erhaltung meiner Fitness verspreche ich mir auch von meinen Walking-Touren. Laufen geht seit der 30. SSW nicht mehr, weil es einfach weh tut und unangenehm zieht. Anfangs hab ich noch so jogg-walking Touren gemacht, bei denen ich zwischen lockerem Laufen und zügigem Gehen abgewechselt habe. Bergrunter rollte die Kugel nämlich noch ganz gut ;o) Aber mittlerweile bin ich bei Spaziergängen und leichtem Walking angelangt, weil die Bänder am Bauch schmerzen, wenn ich schneller machen will. Ist aber nicht schlimm und wie ich an meinem Puls sehen kann völlig ausreichend, weil dieser beim Walken, besonders bergauf, in Bereiche vorstößt, die ich sonst auch beim Laufen erreiche. Das macht der Körper durch die Zusatzversorgung des zweiten Kreislaufs und die bei mir mittlerweile ca. 15kg mehr Gewicht von ganz allein.
Auch wenn ich versuche, alles locker und leicht zu nehmen, ist die Schwangerschaft kein Zuckerschlecken. Deswegen möchte ich meine Schwangerschaftsbeschweren während des dritten Trimesters nicht verschweigen:
Regelmäßig auftretendes Sodbrennen: Als Ausdauersportlerin und Sportlehrerin, die viele Kalorien in ihrem bewegten Alltag verbraucht, bin ich es gewohnt, große Mahlzeiten zu mir zu nehmen und habe für meine kleine Körpergröße wohl ein überdurchschnittlich großes Magenvolumen, alles antrainiert. Ebenso hatte ich nie ein Problem damit, abends im „Fresskoma“ ins Bett zu fallen und zu schlafen oder mir nach dem Mittagessen einen kurzen Powernap zu gönnen. Ich würde sogar sagen, dass ich mit vollem Magen besonders gut schlafen konnte. Doch das ist jetzt im Schwangerschafts-Endspurt definitiv vorbei. Der Magen wird von der Größe des Babys so eingequetscht, dass ich nicht mehr viel essen kann und auch bei kleineren Portionen die Magensäure hochsteigt. Liegende Positionen begünstigen diesen Rückfluss logischerweise. Traurig. Vollfuttern und hinlegen ist nicht mehr.
Permanenter Harndrang: Der Magen ist nicht das einzige Organ, das im Bauch eingequetscht wird. Meine Blase muss auch leiden. Daher gesellt sich zu dem Sodbrennen ein ständiges Gefühl, pinkeln zu müssen. Das geht in meinem Fall nie richtig weg, vielleicht mal für drei Minuten, nachdem ich auf Toilette war. Kann man sich dran gewöhnen, ist aber nervig. Ich war zwar schon immer jemand, der die Effekte seiner Dauerläufe durch Pinkelpausen zerstört hat, aber in diesem Zustand wäre ne Joggingrunde denke ich gar nicht möglich. Also gut, dass ich eh nicht mehr laufe.
Müdigkeit: Die Zeiten wo ich morgens früh um 5 Uhr aus dem Bett gesprungen bin, sind vorbei. Durch die bis zu sechs Harndrang-bedingen Toilettenpausen in der Nacht komme ich nicht mehr wirklich in die Tiefschlafphasen und bin daher zum Langschläfer mutiert, brauche zusätzlich auch noch nen Mittagsschlaf, den ich - brav gelernt- aufgrund des Sodbrennens vor dem Mittagessen einlege. Zudem schläft es sich mit großem Bauch einfach nicht mehr so bequem, Rücken- und Bauchlage sind tabu und auch wenn ich mir mittlerweile eine ganz gute "Rumwälz-Technik" zwischen linker und rechter Seite angeeignet habe ist das alles nicht optimal.
Wassereinlagerungen: Ja ich habe leider genetisch bedingt Probleme mit meinen Venen und daher darf ich seit dem dritten Trimester "wunderschöne" Stützstrümpfe oder auch eine Stützstrumpfhose tragen. Ich bin froh, dass ich nicht im Hochsommer schwanger bin, sonst müsste ich wohl noch mehr leiden. Dennoch ist dieses eingelagerte Wasser unangenehm, wobei einem ja durch die Strümpfe geholfen wird und kaltes Abduschen nach Kneipp sowie Beine hochlegen und spazieren gehen bewährte Hilfsmittel sind.
Spaziergen gehe ich in den letzten Wochen mindestens zwei Mal am Tag - und durch Corona liege ich da voll im Trend und brauche mich nicht vor Einsamkeit im Wald zu fürchten. Über die Spaziergänge freut sich auch unsere kleine Husky Hündin Ida, die wir Anfang März zu uns nach Hause geholt haben. Sie wird als große Schwester und Trainingspartnerin fungieren und bereichert unsere kleine Familie jetzt schon total. Zufrieden durch die langen Spaziergänge, die wir unternehmen, schläft sie zu Hause die meiste Zeit. Kann ich mir gut von ihr abgucken, das „Ausruhen“ nach der „Action“. Siberian Huskys sind wahre Sportskanonen und sobald ihr Knochenwachstum abgeschlossen ist, werden wir sie mit zum Laufen nehmen. Mal gucken, wie sie sich als Triathletin machen wird, schließlich können Siberian Huskys laut Rassenbeschreibung sehr gut neben dem Rad herlaufen, Kilometerweit laufen und auch schwimmen. In meiner Traumvorstellung zieht Ida den Babyjogger und ich renne nebenher ;o)
Nun fiebern wir aber erstmal der Geburt unseres Nesthäkchens entgegen und freuen uns schon total, die Kleine in den Armen halten zu können. Fast genauso freue ich mich übrigens auch darauf, wieder auf meinem Rennrad durch die Eifel zu düsen und diese Kugel loszuwerden, die ich nun aber die letzten Wochen natürlich noch tapfer hegen und pflegen werde. Aber sowas darf man als schwangere Frau ja wohl auch ehrlich zugeben, dass es nach 40 Wochen dann auch reicht mit der Beherbergung.
Auf eine Wiederbelebung des Triathlonsports freue ich mich auch schon und bin da für eine "fast wie früher" - Saison 2022 einfach mal optimistisch: Mit wieder stattfindendem Vereinstraining, gemeinsamen Vorbereitungen für Wettkämpfe, vielleicht sogar ein paar Liga Starts und ja, die klassischen guten alten RTF Radfahrten sehne ich auch herbei! Einfach das Wiedersehen mit allen sportverrückten Triathleten, Läufern und Radfahren. Das wird kommen, vielleicht noch nicht so richtig in diesen Sommer (Trostpflaster für mich: da bin ich dann ja eh anderweitig beschäftigt ;o) ) aber dann halt nächsten. Geduld und Ausdauer gehören doch zu unseren Stärken als Ausdauersportler, also halten wir durch und fokussieren uns auf das Licht am Ende des Tunnels, das Ziel am Ende einer langen Pandemie Zeit, das ja dank der Impfstoffe aller Unmuten zum Trotz erkennbar ist :o)