Wer hat eigentlich irgendwann einmal festgelegt, dass für uns Frauen „je dünner, desto besser“ gilt? Die Werbeindustrie, die immerzu dünne Models präsentiert, die Bekleidungsbranche – „skinny“ Jeans tragen das „dünn sein“ ja sogar im Namen – ganz egal eigentlich, denn letztendlich sehen wir eben nicht alle gleich aus, die Gene bestimmen unsern Körperbau und Stoffwechsel in einem nicht unerheblichen Maße mit und es soll bitteschön jeder so ein dürfen, wie er ist und sich in seinem Körper wohl fühlen. Wir Triathletinnen haben durchs Radfahren eher stark bemuskelte Beine, die eine skinny Jeans vielleicht nicht skinny aussehen lassen, aber dafür können die auch was, Berge hochstrampeln oder zum Bus sprinten beispielsweise. Ganz schön praktisch. Das passt zum relativ neuen „Strong Is The New Pretty“ – Slogan, den Cross Fit populär gemacht hat. Dünne, abgemagerte Beine können gar nix! Außer vielleicht den vermeintlichen Anspruch der skinny Jeans erfüllen… ;o)
Spaß beiseite, das Thema ist eigentlich ernst. Ich kenne viel zu viele Frauen, die mit ihrem Gewicht hadern. Es mag daran liegen, dass ich unter Ausdauersportlern groß geworden bin, aber auch bei nicht sportlichen Frauen ist das dünn sein wollen meiner Meinung nach viel zu oft Thema. Es gibt so viel Bedeutenderes im Leben! Und grad wir Frauen, die in den Wechseljahren eh schon ein hohes Risiko haben, an Osteoporose zu erkranken, sollten darauf achten, dass wir unseren Körper gut versorgen und uns eben nicht runterhungern! Wer möchte denn mit 60 Jahren ständig Knochenschmerzen haben und sich nicht bewegen können? Ein Artikel der ehemaligen Profi Triathletin Yvonne Van Vlerken rückte neulich das Tabu Thema der ausbleibenden Monatsblutung bei Sportlerinnen in die Öffentlichkeit. Viele von uns trainieren wie Männer, wollen hart sein wie Männer und halten es vielleicht sogar für praktisch, wenn dann die Periode ausbleibt. Dass das fatale Folgen für die Knochengesundheit hat, zu Ermüdungsbrüchen führt, zu einem verfrühten Eintreten der Wechseljahre und somit auch zu Unfruchtbarkeit, scheint vielen nicht bewusst zu sein. Dabei merkt man doch besonders im Ausdauersport, dass der Körper die Energiezufuhr braucht: Ohne Mampf, kein Dampf! Man muss sich seinen Körper zum Freund machen und ihn hegen und pflegen. Dazu gehört definitiv gutes und ausreichendes Essen.
„Frauen sind keine kleinen Männer“, schreibt Stacy Sims in ihrem bisher nur auf Englisch erschienenen Buch „Roar. How to match your food and fitness to your unique female physiology for optimum performance, great health, and a strong lean body for life“, in dem sie auch über andere trainingswissenschaftliche Unterschiede in der Biologie von Mann und Frau aufklärt. Die Sportwissenschaft konzentrierte sich bisher primär auf Männer. Zu wissenschaftlichen Studien werden Männer, keine Frauen, eingespannt - warum, weil Männer einen konstanteren Hormonspiegel aufweisen und Frauen, wegen eben der starken Hormonschwankungen im Zyklus keine vergleichbaren Daten liefern. Vielen Dank auch, dass man dann die aus Studien mit Männern erhobenen Daten nicht 1:1 auf uns Frauen übertragen kann, leuchtet irgendwie schon ein.
Die Sportwissenschaft ist eine recht junge Wissenschaft, Frauen durften erstmalig im Jahr 1984 an olympischen Laufwettkämpfen teilnehmen, da mag es verständlich sein, dass das Gebiet „Trainingswissenschaft bezogen auf den Körper der Frau“ etwas hinterherhinkt. Umso wichtiger, jetzt darauf aufmerksam zu machen. Es gibt nämlich einige doch entscheidende Unterschiede. Nüchterntraining beispielweise kann für uns Frauen Gift sein. Ich habe das inzwischen komplett aus meinem Training für die Langdistanz verbannt- nachdem ich den ganzen Januar über erkältet war. Viel zu oft habe ich mich dafür schlecht gefühlt, dass ich bei Radausfahrten früher zum Riegel greifen muss, als mein Mann. Ich habe mich gewundert: Der ist über 1,80m groß und ich mit meinen knappen 1,60m – wie kann das sein, dass ich früher Energie zuführen muss, obwohl wir das gleiche Frühstück hatten und ich ja nun eigentlich einen kleineres Energieumsatz haben müsste bei meiner kleinen Körpergröße? Unser Stoffwechsel ist anders. Wir Frauen sind nun einmal für das Kinder kriegen konzipiert. Was nicht, wie man vor 1984 befand, dazu Anlass gibt, uns als ungeeignet für Ausdauersport und Wettkämpfe zu deklarieren. Wettkämpfe machen richtig Spaß und Ausdauersport ist super gesund, auch für Frauen. Aber bitte mit der richtigen Ernährung und den richtigen Trainingsmethoden. Intervallfasten ist übrigens auch Mist, aber wer mehr darüber wissen will, liest am besten das Buch von Stacy Sims.
„Es gibt keinen Preis für den dünnsten Triathleten oder für den mit dem besten Fettstoffwechsel“, sagt Dr. Stephanie Mosler „sondern für denjenigen, der am schnellsten im Ziel ist. Um schnell zu sein braucht man Energie und die Quelle der schnellsten Energieverfügung sind nun einmal die Kohlenhydrate.“ Dr. Stephanie Mosler ist Ernährungswissenschaftlerin und promoviert im Fachbereich Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Sie ist Ernährungsberaterin am Olympiastützpunkt in Stuttgart und berät dort Kaderathleten. Als ich sie spreche, kommt sie gerade von einem Workshop mit jungen Leichtathletinnen. Sie haben gemeinsam Quarkbällchen geformt, eine Art Koch-Nachmittag. Das ist es auch, worum es Dr. Mosler geht. Die Athleten sollen lernen, eigenverantwortlich mit dem Thema umzugehen, ein gewisses Ernährungsbewusstsein aufbauen, eine „Ernährungskompetenz“. „Wenn sie einfach Ernährungspläne von mir bekommen, ist das schwierig im Alltag umzusetzen. Die Athleten sind oft viel unterwegs und da sollen sie beispielsweise wissen, welche Imbissbude sie am Bahnhof ansteuern. Lieber den Asia Laden, wo ich mir Reis und Hühnchen hole, als die Frittenbude.“ Auch sollen die jungen Sportler lernen, dass Essen etwas Wertvolles ist, Genuss nämlich. „Man soll essen, was einem schmeckt und was gut in den Alltag passt. Das ist nicht kompliziert, wenn man ein paar Basics drauf hat: Morgens ein selbstgemixten Müsli aus Haferflocken, Obst, Nüssen, Rosinen und Joghurt, mittags Kohlenhydrate in Form von Nudeln, Reis oder Kartoffeln mit Gemüsebeilage oder einem kleinen Salat, abends gerne das klassische Abendbrot mit Vollkornbrot, Quark, Käse, Ei. Die Kombination aus Kohlenhydraten und Proteinen ist wichtig, denn sie fördert nachweislich die Regenration. Über Nacht während des Schlafs repariert der Körper die Zellen, daher sollte abends eiweißreich gegessen werden“, rät Mosler. Ich stimme mit ihrer Meinung überein, dass das Training uns ja schon genug anstrengt und wir uns dann nicht auch noch im Essen überdisziplinieren und stressen sollten, sondern belohnen. „Man braucht sich da nicht auf Kleinigkeiten zu konzentrieren, sondern sollte einfach ausgewogen essen: Obst und Gemüse (am besten saisonal und aus der Region), zwei Mal Fleisch, einmal Fisch in der Woche, Milchprodukte.“ Gerade im Langdistanztraining verbrennen wir so viel Energie, da gönnt man sich doch den Kuchen gerne mit großem Appetit. Eine Einschränkung gilt dann aber doch: „Besser nicht zu viele verarbeitete Produkte, also Fertiggerichte.“ Lieber selbst kochen und Kuchen backen, anstatt im Supermarkt das Keksregal leer zu räumen ;o)
Für alle Schoko Junkies wie mich gibt es eine gute Nachricht: „Das perfekte Getränk nach einer Einheit, bei der man die Speicher geleert hat und hungrig nach Hause kommt, ist erstmal einen Kakao zu trinken und eine Handvoll Mandeln zu essen“, rät Mosler. In Kombination ergibt das einen Power Mix aus den Makronährstoffen Kohlenhydraten und Eiweiß und den Mikronährstoffen Calcium, Magnesium, Kalium, Vitamin B, Vitamin E und Folsäure. „An der Stelle braucht man nicht in teure Shakes oder industriell gefertigte Recovery Drinks zu investieren.“
Es kann also so einfach sein. Und ist so wichtig. Ernährt und gönnt euch :o) Hoch die Kakao Tassen und volle Power voraus, Ladys!