Dass einen das Marathontraining absolut ans Limit treibt, ist kein Geheimnis. Die großen Umfänge gepaart mit einer hohen Intensität haben es in sich. Wochen mit Umfängen jenseits der 200 Kilometer und bis zu 5 Tempoeinheiten häufen sich im jetzigen Zeitraum sechs Wochen vor dem großen Tag. Umso mehr freute ich mich darauf, endlich zu testen, ob sich das Training schon bemerkbar macht. Der Jever Fun-Lauf in Schortens bot dafür eine hervorragende Gelegenheit. So passt die Streckenlänge von 10 Meilen (16,1 Kilometern) gut in meine Vorbereitung und vor allem sollte mich dort ein erlesenes afrikanisches Feld erwarten - von Europas Nummer 7 im Halbmarathon des aktuellen Jahres bis hin zu bärenstarken Afrikanern im Bereich von 62 Minuten im Halbmarathon und 28 Minuten über 10 Kilometer.
Für mich stellte das trotz der großen Konkurrenz eine komfortable Situation dar, denn ich konnte mich erstmal schön reinhängen, zumal mich nach meiner langen Verletzungsabstinenz nur die wenigsten Zuschauer auf dem Zettel hatten. So fühlten sich die ersten drei Kilometer sehr entspannt an, hinter einer Phalanx von vier Afrikanern und dem starken Briten Jonathan Mellor. Doch langsam schlief das Tempo ein. Als die Kilometer bei 3:08 lagen, reagierte mich und setzte ein Zeichen. Da ich mittlerweile die kenianischen Läufer gut einschätzen kann, weiß ich, dass ihnen eins so gar nicht gefällt: Wenn ein Mzungu (Weißer) sich in die vorderste Reihe schiebt. Und so entfachte ich mit dieser Strategie ein echtes Rennen. Das Tempo wurde deutlich forciert und das Rennen unrhythmischer. Immer wieder kam es zu Attacken und Tempoverschärfungen. Dabei erhöhte sich auch das Durchschnittstempo, sodass wir die 10 Kilometer-Marke nach ca. 30 Minuten passierten. Nach wie vor fühlte ich mich gut und versuchte die Afrikaner weiter durch Vorstöße und das Einbrechen in die vorderste Reihe zu verunsichern.
Nach rund 11 Kilometern verlor der junge Läufer aus Tansania die Nerven und zog einen 200 Meter langen Vollsprint an. Das schien auch die beiden verbliebenen Keniaer und den Briten zu verunsichern. Da ich das Rennen aber nur als Test sah und nicht viel verlieren konnte, schaltete ich drei Gänge höher und folgte dem Mann aus Tansania. Während der Brite zurückfiel, folgten mir die beiden Kenianer und zogen sogar noch einmal an, als wir die Lücke nach vorne geschlossen hatten. Mit einer kleinen Lücke und einem Kilometer in ca. 2:45 in den Beinen gelang es mir aber trotzdem, wieder heranzukommen, was wiederum die Afrikaner überraschte. Also versuchte ich, die Gunst der Situation zu nutzen und konterte die Konterattacke ein weiteres Mal. Tatsächlich riss eine Lücke zu den drei Afrikanern auf, die sich nun in einer mir fremden Sprache beratschlagten. Relativ schnell schlossen sie wieder zu mir auf und schienen sich nun abzusprechen. Immer wieder traten sie auf den folgenden Kilometern zu dritt koordieniert an, was mich vor einige Probleme stellte.
Dennoch hielt ich bis Kilometer 14 den Anschluss, bevor ich etwas an Boden verlor. Ich hielt zwar mein Tempo, konnte aber nicht letzten beiden Kilometer in unter 2:50 Minuten mitgehen. Dennoch finishte ich in Sichtweite und war mit der Zeit von 47:52 Minuten sehr zufrieden. Auf einen Halbmarathon hochgerechnet sollte also schon jetzt eine deutliche Stiegerung meiner Bestzeit von 1:03:40 drin sein - eine gute Ausgangslage für den Köln Marathon.